Regelenergie dient der Netzstabilisierung

Die Begriffe Regelenergie bzw. Regelleistung tauchen in letzter Zeit immer häufiger in Verbindung mit Photovoltaik-Speichern auf. PV-Speicher sollen Regelleistung und Regelenergie abfedern und die Netze entlasten, was eine sehr gute und für die Allgemeinheit nützliche Idee sein kann. Doch was genau bedeutet Regelleistung und wie funktioniert das Zusammenspiel mit der PV-Speichertechnologie?

Regelleistung ist jene Energiebereitstellung, die dazu dient, Ungleichheiten zwischen Stromeinspeisung (Kraftwerksproduktion) und Stromverbrauch (Haushalte, Industrie, Gewerbe) auszugleichen. Gradmesser für Über- oder Unterdeckung sind dabei die Frequenzmessung (50 Hz im gesamten Stromnetz) und die Bilanzierung der von den Marktteilnehmern (Bilanzkreisverantwortliche bzw. Industrie und Energieversorgungsunternehmen) gemeldeten Produktions- und Verbrauchsmengen.

Strom muss in dem Moment verbraucht werden, in dem er erzeugt wird und vice versa

Bei einem Verbrauch, der die momentane Erzeugung aus einer geografischen Regelzone (= alle physisch und rechnerisch miteinander verbundenen Kraftwerke und kumulierten Stromverbraucher) übersteigt, wird positive Regelleistung benötigt, das heißt zusätzlicher Strom muss erzeugt werden. Dieser kommt beispielsweise aus Pumpspeicherkraftwerken, Blockheizkraftwerken oder aus anderen Speichern, darunter auch Batterien.

Übersteigt die Produktion die Nachfrage, dann steigt auch die Frequenz im Netz. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder werden Produktionskapazitäten zurückgefahren oder es werden zusätzliche Verbraucher aktiviert. Diese müssen zeitunabhängig sein, wie zum Beispiel Kühlhäuser oder Wärmespeicher. Auch Batterien mit Leerkapazitäten können zur Stromaufnahme eingesetzt werden. Man spricht ich diesem Fall von negativer Regelleistung. Je nachdem, wie lange und wie schnell die Regelenergie zur Verfügung gestellt werden muss, gibt es unterschiedliche Segmente der Regelleistung:

Drei Arten von Regelleistung

Primäre Regelleistung

Die Primärregelleistung oder Primärregelreserve wird bis zu einer  Frequenzabweichung von 200mHz mittels Turbinenregelung direkt von Kraftwerken bereitgestellt. Diese agiert sehr  schnell und muss bei Frequenzabweichungen bis spätestens 30 Sekunden nach deren Auftreten, dann aber für mindestens eine halbe Stunde zur Verfügung stehen.

Sekundäre Regelleistung

Sekundärregelleistung oder Sekundärregelreserve wird aktiviert, wenn die Netzbeeinflussung länger als 30 Sekunden dauert oder voraussichtlich dauern wird. Sie arbeitet immer in die gleiche Richtung, wie die Primärregelleistung und entlastet diese, um die Frequenzstabilität bei 50Hz wieder herzustellen. Hier werden auch geplante und tatsächlich gelieferte Strommengen, die zwischen unterschiedlichen Regelzonen ausgetauscht werden, berücksichtigt.

Tertiäre Regelleistung

Tertiärregelleistung oder Tertiärregelreserve wird immer dann abgerufen, wenn die Abweichung der Frequenz länger als 15 Minuten dauert und entlastet die sekundäre Regelleistung. Da hier mehr Zeit für die Aktivierung der Energie zur Verfügung steht (max. 15 Minuten), kann eine größere Vielfalt an Erzeugern und Stromverbrauchern zum Zug kommen. Zahlreiche Energieversorger und Hardwarehersteller agieren im Markt für tertiäre Regelleistung mit und versprechen sich hier lukrative Geschäftsmodelle.

Regelleistung: Prozesse und Kosten für die Einzelnen

Aufgrund der Trennung von Stromproduktion und Stromtransport im Rahmen der Strommarktliberalisierung kaufen die Übertragungsnetzbetreiber (in Österreich: APG, in Deutschland: Tennet TSO, 50Hertz Transmission, Amprion, TransnetBW) die Regelenergie in einem transparenten Auktionsverfahren ein und legen die Kosten, die zum Ausgleich der Netzschwankungen notwendig gewesen sind, auf die Marktteilnehmer um. Über die Bilanzgruppen werden diese Kosten bis hinunter auf den Einzelverbraucher „rolliert“ (= weitergeleitet). Das heißt, hohe Ausgleichsenergiekosten werden von allen Stromkonsumenten getragen.

Regelleistung sollte eigentlich  immer günstiger werden

Aus diesem Grund wurde ein transparentes Negativauktionsverfahren eingeführt, bei dem Regelenergieanbieter Ihre Leistung in eine „Merit-Order-Liste“ eintragen und die günstigsten Anbieter als erste, maximal bis zum Maximum ihrer angebotenen Leistung abgerufen werden. Sollte diese komplett benutzt werden müssen und nicht zum Ausgleich der Schwankungen reichen, wird auf die Kapazität des nächstteureren Ausgleichsenergieanbieters zugegriffen. Das Ziel dieses Ausschreibungs-Verfahrens ist ein Marktmechanismus, der den Preis für Ausgleichsenergie nach unten drückt. So eine Ausschreibungs-Plattform ist zum Beispiel unter https://www.regelleistung.net/ext/ zu finden.

Wie verdient man Geld mit Ausgleichsenergie?

Die Teilnehmer am Regelenergiemarkt werden nicht nur für gelieferte Energie remuneriert (= Arbeitspreis), sondern auch für die bereitgestellte Leistung (= Leistungspreis) da die Bereitstellung „auf Abruf“ selbst schon mit organisatorischem Aufwand und Kosten verbunden ist. Von diesen Erlösen profitieren heute schon Energieversorger, die die notwendige Flexibilität in ihrer Erzeugung haben und Industrieunternehmen, die durch ein so genanntes Demand-Response-Management (DRM) ihre größten Verbrauche und Eigenerzeugungsanlagen im großen Stil netzdienlich anlaufen lassen oder abschalten können. Teilweise waren die Preisschwankungen im Ausgleichsenergiemarkt, vor allem aufgrund schlecht planbarer Ökostromerzeugung, so außerordentlich, dass Marktteilnehmer Geld damit verdienen konnten, wenn sie Strom verbraucht haben, da zu viel Wind- und Sonnen Strom im Netz vorhanden gewesen ist. Aus diesem Grund werden die Marktregeln am Ausgleichsenergiemarkt immer wieder angepasst, um Ziel niedriger Kosten für die Stromkonsumenten langfristig zu erreichen.

Regelenergie für Stromspeicher?

Von diesem Erlöspotenzial könnten auch Speicherhersteller und ihre KundInnen profitieren, indem sie die kumulierte Kapazität vieler Speichersysteme (Schwarmkonzept) auf der Merit-Order-Liste anbieten. Die Primär- und die Sekundärregelleistung werden jedoch wöchentlich ausgeschrieben, so lange muss die kumulierte Leistung dann schließlich auch bereit stehen und kann nicht anderweitig genutzt werden (z.B. für den Eigenstrombedarf). Die Tertiärleistung, auch „Minutenreserve“ genannt, wird hingegen täglich ausgeschrieben. Das Erlöspotenzial ist hier durchschnittlich niedriger als in den beiden vorgenannten.

Kann man Ausgleichsenergie in tausenden Batterien unterbringen?

Ja, es ist definitiv möglich, wenn

  • das regulatorische Rahmenwerk passt und der Ausgleichsenergiestrom nicht als Ökostrom deklariert wird (Doppelvermarktung).
  • Die notwendige Kapazität (zum Beispiel ein kleiner Teil des Speichervolumens) nur für die Ausgleichsenergie genutzt wird, der Rest für die Eigenverbrauchserhöhung des Speicherbesitzers selbst.
  • Die Frequenzschwankungen direkt im Verteilnetz oder in Nähe des Verteilnetzes (Netzebene 5-7) entstanden sind, in dem ein Großteil der Speicher steht, da geografisch näher gestellte Regelenergieanbieter, zumindest in Österreich, privilegiert abgerufen werden.
  • Wenn die Mindestleistungen von 1MW (Primär- und Tertiärleistung/für das erste Gebot in Österreich) bzw. 5MW (Sekundärleistung und Tertiärleistung in Deutschland, bzw. zum Teil in Österreich) vorhanden sind, um an der Ausschreibung am Regelenergiemarkt teilnehmen zu können.

Regelenergie sollte somit immer günstiger werden

Das Tummeln vieler Teilnehmer am Ausgleichsenergiemarkt ist eine positive Entwicklung. Je höher der Konkurrenzkampf um die ersten Plätze auf der Merit-Order-Liste ist, desto niedriger werden die Erstgebote. Die Prognosen für die Ökostromerzeugung werden ebenfalls immer genauer und gepaart mit dem Trend zur Lastmanagement auf Einfamilienhausebene, bei dem Erzeugung und Verbrauch schon direkt im Haus optimiert werden, werden sich die Ausgleichsenergiekosten für alle Stromverbraucher idealerweise auf ein Minimum zu bewegen.

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